Messe h-Moll
BWV 232 //
für Soli, Chor und Orchester
Bachs Messe in h-Moll gehört zwar zu seinen bekanntesten Kompositionen. Ihre Entstehungsgeschichte ist jedoch mit zahlreichen offenen Fragen behaftet, die sich allerdings vor allem auf die noch immer rätselhafte Überarbeitung und Vervollständigung in den späten 1740er Jahren beziehen. Fest steht hingegen, dass die Teile Kyrie und Gloria bereits 1733 im Zuge von Bachs Bemühungen um einen Kapellmeistertitel als Widmungskomposition für den neuen Kurfürsten Friedrich August II. in Dresden überreicht wurden. Auch dafür griff Bach jedoch zum Teil auf ältere Kompositionen zurück, die dann für den lateinischen Messetext und die neue Verwendung umgearbeitet wurden. In diesen Kontext eines pragmatisch orientierten Parodieverfahrens gehört auch die Weihnachtsmusik «Gloria in excelsis Deo» (BWV 191), die nur in einer einzigen, dafür jedoch von Bachs eigener Hand stammenden Quelle erhalten ist. Überschrieben ist das heute in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrte Partiturautograph mit der Titelzeile «J.J. Festo Nativitatis: Xsti. Gloria in excelsis Deo. à 5 Voci. 3 Trombe Tymp. 2 Trav. 2 Hautb. 2 Violini Viola e Cont. di J. S. Bach». Ihre drei Sätze gehen durchweg auf Vorlagen aus der für Dresden bestimmten Erstfassung der h-Moll-Messe zurück.
Chor
Sopran
Lia Andres, Sybille Diethelm, Simone Schwark, Gunta Smirnova, Alexa Vogel, Lucy de Butts, Jessica Jans, Guro Hjemli, Linda Loosli, Lea Scherer, Julia Schiwowa, Lisa Weiss
Alt
Judith Flury, Katharina Jud, Stefan Kahle, Liliana Lafranchi, Francisca Näf, Damaris Rickhaus, Dina König
Tenor
Marcel Fässler, Manuel Gerber, Matthias Lüdi, Tobias Mäthger, Sören Richter, Nicolas Savoy
Bass
Matthias Ebner, Fabrice Hayoz, Matthias Lutze, Valentin Parli, Retus Pfister, Philippe Rayot, Martin Schicketanz, Tobias Wicky
Orchester
Leitung
Rudolf Lutz
Violine
Plamena Nikitassova, Lenka Torgersen, Sonoko Asabuki, Peter Barczi, Christine Baumann, Eva Borhi, Elisabeth Kohler, Petra Melicharek, Dorothee Mühleisen, Christoph Rudolf, Ildikó Sajgó
Viola
Mariana Doughty, Martina Bischof, Matthias Jäggi, Sarah Krone
Violoncello
Maya Amrein, Bettina Messerschmidt, Daniel Rosin
Violone
Markus Bernhard, Alexandra Lechner
Fagott
Susann Landert, Dorothy Mosher
Corno
Olivier Picon
Oboe
Andreas Helm, Philipp Wagner, Dominik Melicharek
Flauto traverso
Marc Hantaï, Yifen Chen
Tromba
Patrick Henrichs, Peter Hasel, Klaus Pfeiffer
Timpani
Martin Homann
Orgel
Nicola Cumer
Cembalo
Jörg-Andreas Bötticher
Musikal. Leitung & Dirigent
Rudolf Lutz
Aufnahme & Bearbeitung
Texte (CD-Booklet)
Anselm Hartinger, Rudolf Lutz
Übersetzungen
Alice Noger-Gradon
Aufnahmejahr
2016
Aufnahmeleitung und Bearbeitung
Stefan Ritzenthaler / GALLUS MEDIA AG, Schweiz
Aufnahmeassistenz
Johannes Widmer / GALLUS MEDIA AG, Schweiz
Produktion
J. S. Bach-Stiftung St.Gallen, Schweiz
Co-Produktion
Radio SRF 2 Kultur
Textdichter
Textdichter
nicht bekannt
Erste Aufführung
nicht bekannt
Text des Werks und musikalisch-theologische Anmerkungen
I. MISSA
Kyrie
Chor
Kyrie eleison.
Duett (Sopran I, II)
Christe eleison.
Chor
Kyrie eleison.
Chor
Gloria in excelsis Deo
Chor
et in terra pax hominibus
bonae voluntatis.
Sopran
Laudamus te,
benedicimus te,
adoramus te,
glorificamus te.
Chor
Gratias agimus
tibi propter magnam gloriam tuam.
Duett (Sopran, Tenor)
Domine Deus, rex coelestis, Deus
pater omnipotens.
Domine Fili unigenite, Jesu Christe.
Domine Deus, Agnus Dei,
Filius Patris.
Chor
Qui tollis peccata mundi,
miserere nobis.
Qui tollis peccata mundi,
suscipe deprecationem nostram.
Alt
Qui sedes ad dexteram Patris,
miserere nobis.
Bass
Quoniam tu solus Sanctus,
tu solus Dominus,
tu solus Altissimus: Jesu Christe,
Chor
cum Sancto Spiritu
in gloria Dei Patris.
Amen.
II. SYMBOLUM NICENUM
Credo
Chor
Credo in unum Deum,
Chor
Patrem omnipotentem,
factorem coeli et terrae,
visibilium omnium et invisibilium.
Duett (Sopran, Alt)
Et in unum Dominum, Jesum Christum,
Filium Dei unigentum.
Et ex Patre natum ante omnia Saecula.
Deum de Deo, lumen de lumine,
Deum verum de Deo vero. Genitum,
non factum, consubstantialem Patri,
per quem omnia facta sunt.
Qui propter nos homines,
et propter nostram salutem,
descendit de coelis.
Chor
Et incarnatus est
de Spiritu Sancto
ex Maria Virgine,
et homo factus est.
Chor
Crucifixus etiam pro nobis,
sub Pontio Pilato
passus et sepultus est.
Chor
Et resurrexit tertia die,
secundum Scripturas.
Et ascendit in coelum,
sedet ad dexteram Dei Patris.
Et iterum venturus est cum gloria,
judicare vivos et mortuos,
cujus regni non erit finis.
Bass
Et in Spiritum sanctum
Dominum et vivificantem,
Qui ex Patre Filioque procedit.
Qui cum Patre et Filio
simul adoratur et conglorificatur,
Qui locutus est per Prophetas.
Et unam sanctam catholicam
et apostolicam Ecclesiam.
Chor
Confiteor unum baptisma in remissionem
peccatorum.
Chor
Et expecto resurrectionem mortuorum.
Et vitam venturi saeculi. Amen.
III. SANCTUS
Chor
Sanctus, Dominus Deus Sabaoth.
Chor
Pleni sunt coeli et terra
gloria ejus.
IV. OSANNA, BENEDICTUS, AGNUS DEI, DONA NOBIS PACEM
Chor
Osanna in excelsis.
Tenor
Benedictus qui venit
in nomine Domini.
Chor
Osanna in excelsis.
Alt
Agnus Dei,
qui tollis peccata mundi,
miserere nobis.
Alt
Dona nobis pacem.
Anselm Hartinger
Zwischen liturgischer Bestimmung, hoheitlicher Widmungsmusik und künstlerischem Vermächtniswerk: zur Entstehung und Deutung von Bachs «großer catholischer Messe»
Von ihrem Zürcher Erstverleger Hans-Georg Nägeli 1818 als «grösstes musikalisches Kunstwerk aller Zeiten und Völker» apostrophiert, gehört die h-Moll-Messe heute zu den bekanntesten Werken des klassischen Erbes. Sie hat die neuzeitliche Wahrnehmung Johann Sebastian Bachs nachhaltig geprägt und ihn als überragenden Künstler von universeller Ausrichtung etabliert.
Für die posthume Wertschätzung eines Werkes, dessen Aufführung zu Bachs Lebenszeit bisher nicht zweifelsfrei belegt werden konnte, gibt es gewichtige Gründe. So steht der ehrwürdige lateinische Messetext weit jenseits jener polemisch theologisierenden und in ihrer poetischen Qualität umstrittenen deutschen Dichtungen, die die Rezeption von Bachs Kantaten seit dem 19. Jahrhundert nicht gerade erleichtert haben. Er ist zudem nicht an das protestantische Konzept einer musikalischen Auslegung der für alle Sonn- und Feiertage bestimmten biblischen Lesetexte gebunden, dessen Wegfall die Kantaten Bachs und anderer barocker Meister nach 1800 im liturgischen Alltag heimatlos werden liess. Nicht zuletzt passte die auf wuchtigen Ensemblesätzen beruhende Messe perfekt zu jenem Profil grossbesetzter Oratorienwerke, das seit der Romantik die Chor- und Konzertlandschaft prägt.
Vor allem jedoch ist es die schiere Qualität dieses Riesenwerkes, die Musiker und Musikfreunde immer wieder fasziniert hat – von den bearbeiteten Teilaufführungen Carl Philipp Emanuel Bachs 1786 und Felix Mendelssohn Bartholdys 1841 und 1843 über die Partiturstudien Beethovens und Schumanns und die frühen Schallplattenaufnahmen eines Klemperer und Scherchen bis hin zur historischen Aufführungspraxis der Gegenwart. In für ihn typischer Weise hat Bach seiner einzigen Komposition des vollständigen Messetextes eine alle bekannten Dimensionen sprengende Gestalt verliehen, wobei er im Zuge des sogenannten «Parodieverfahrens» herausragende Einzelsätze aus seinen älteren geistlichen und weltlichen Kantaten in eine dauerhafte Form überführte. Dass es dabei um mehr als blosse Neutextierungen ging, zeigen etwa die grundlegende Umarbeitung des Kantatenchores «Jauchzet, ihr erfreuten Stimmen!» aus der Ratswahlkantate BWV 120 zum «Et expecto» der Messe oder die feinsinnig neu instrumentierte «Crucifixus»- Variante des Weimarer Chorsatzes «Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen» (BWV 12/1), die mit dem folgenden «Et resurrexit» eine höchst organische Verbindung eingeht. Kaum vermag man hinter dem berührenden «Agnus Dei» noch die ungleich textreichere Vorlage «Ach bleibe doch, mein liebstes Leben» aus der Himmelfahrtsmusik BWV 11 wahrzunehmen, während der spektakuläre Einzelsatz des Leipziger Sanctus vom Weihnachtsfest 1724 durch die Eingliederung in eine komplette Messe erst zu rechter Wirkung zu kommen scheint.
Hinsichtlich der Formen und Satzanlagen hat Bach einen repräsentativen Querschnitt seiner kirchenmusikalischen Kunst präsentiert. Ausgedehnte Fugen im modernen konzertanten Stil (Kyrie I) sowie im traditionellen Da-cappella-Idiom (Kyrie II) wechseln sich mit affektgeladenen und geheimnisvollen Sätzen («Qui tollis», «Et incarnatus») sowie trompetenglänzenden Chorkonzerten mit Fugenabschnitten («Cum Sancto Spiritu», «Et resurrexit») ab. Eine besondere Stellung nimmt das «Crucifixus » ein, das als Ciaccona über einem absteigenden Bass ausgearbeitet ist und damit das Bild eines unabwendbaren Leidensweges schon in der Satzstruktur verankert. Die Chorbesetzung reicht von der Vier- und Fünfstimmigkeit über das sechsstimmige Sanctus bis hin zum doppelchörigen «Osanna», während die Soloarien sämtliche Stimmlagen einschliesslich zweier Duette einbeziehen und in der Instrumentalbegleitung und Satzdichte äusserst kontrastreich angelegt sind.
Dennoch wäre es ein Missverständnis, die Missa als allein für die Nachwelt bestimmte «absolute» Kunstäusserung im Sinne der Musikästhetik des 19. Jahrhunderts anzusehen. Als «Bewerbungsmappe» für die «himmlische Cantorei» war die allenthalben Spuren einer anlassgebundenen Zusammenstellung tragende Messe kaum gemeint; ihre Glorifizierung als unantastbares Vermächtniswerk würde zudem jede aufführungspraktische Annäherung unnötig komplizieren und belasten. Vielmehr handelt es sich um eine mit viel Sinn für Effekt und Wirkung konzipierte Kompilation, die nicht nur ein intensives Studium der italienischen und deutschen Messtradition bezeugt, von dessen Ausmass die als Teil von Bachs Notenbibliothek heute noch nachweisbaren Stücke etwa von Giovanni Bassani, Gioseppe Peranda, Antonio Lotti und Johann Hugo von Wilderer nur einen bruchstückhaften Eindruck vermitteln. Sie weist auch so konkrete Bezüge zur Musikpraxis des Dresdener Hofes auf, dass sie unter genauer Kenntnis der dort präferierten Formmuster, Spielkonventionen und Besetzungsgewohnheiten zusammengestellt worden sein muss.
Ohne jeden Zweifel gilt dies für die auf Kyrie und Gloria beschränkte Erstfassung von 1733, deren von Bach sowie seiner Frau Anna Magdalena und seinen Söhnen Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel geschriebener Originalstimmensatz noch heute in Dresden verwahrt wird. Durch die Beischrift «Gegen Sr. Königlichen Hoheit und Churfürstl. Durchl. zu Sachsen bezeigte mit inliegender Missa seine unterthänigste Devotion der Autor J. S. Bach» gibt sich der Stimmensatz als Widmungsexemplar für den neuen Herrscher Friedrich August II. zu erkennen, womit sich die Handschrift als Teil der 1736 belohnten Bemühungen Bachs um den Titel eines «Hofcompositeurs» erweist. Dass Bach die musikalischen Verhältnisse in Dresden bestens kannte, wird nicht nur durch seine persönlichen Verbindungen in die Residenz nahegelegt, die zahlreiche Hofmusiker einschliesslich seines von 1733 bis 1746 als Organist der Dresdner Sophienkirche amtierenden Sohnes Wilhelm Friedemann umfassten und bis in hohe Adelskreise reichten. Auch seine vielzitierte Denkschrift zur Reform der Leipziger Kirchenmusik von 1730 benennt die Dresdner Hofkapelle als Vorbild des kultivierten Ensemblespiels im Sinne der Spezialisierung sämtlicher Musiker auf ein solofähiges Hauptinstrument anstelle der in der mitteldeutschen Stadtmusik allgegenwärtigen «Allrounder » – eine verfeinerte Praxis, die Bach in der Missa von 1733 umfassend berücksichtigt hat. So finden sich im Gloria auffallend viele Instrumentalsoli in reizvollen Kombinationen – vom Violino concertato des «Laudamus te» über die Traversflöten und gedämpften Streicher im «Domine Deus» bis zur von zwei Fagotten begleiteten Hornpartie des «Quoniam», die selbst für die versiertesten Leipziger Stadtpfeifer unausführbar war. Ob Bach bei den Vokalsoli der Messe an bestimmte Sängervirtuosen des Hofes dachte, muss hingegen ebenso offenbleiben wie die konkreten Umstände einer möglichen Dresdener (oder doch Leipziger?) Darbietung im Spätsommer 1733.
Bei näherer Betrachtung ebenso einleuchtend sind die Dresden-Bezüge in der bis in Bachs späteste Zeit 1748/49 reichenden Erweiterung der Missa brevis zu einer vollständigen Messe, die in Leipzig schon aus liturgischen Gründen so nicht verwendbar war. Ins Blickfeld gerät dabei der in Dresden tätige Kontrabassist und Kirchencompositeur Jan Dismas Zelenka, den Bach persönlich kannte und der ihm – Nachforschungen Hans-Joachim Schulzes zufolge – bereits bei der protokollgerechten Abfassung des Widmungsschreibens der Missa von 1733 unter die Arme gegriffen hatte. So teilte Bach mit Zelenka das Interesse am Studium der Fugenmeister des 17. Jahrhunderts sowie an einer Weiterentwicklung ihrer kontrapunktischen Schreibweise, wie sie paradigmatisch das bereits um 1740 in einer Frühfassung entworfene siebenstimmige «Credo in unum Deum» sowie das «Confiteor» mit ihren gregorianischen Choralzitaten verkörpern. Darüber hinaus scheinen Zelenkas grossangelegte Kirchenstücke – vor allem der unvollendete Zyklus der Missae ultimae von 1740/41 – Anregungen für das formale Design der Bach’schen Messe gegeben zu haben. Entsprach das Wiederaufgreifen eines bereits verwendeten Fugensatzes («Gratias») für das abschliessende «Dona nobis pacem» noch allgemeinem Usus in konzertanten Messvertonungen der Zeit, so verweist die von Bach in einem späten Stadium seiner Arbeit herbeigeführte direkte Zusammenstellung gleich dreier kontrastierender Chorsätze («Et incarnatus» – «Crucifixus» – «Et resurrexit») im Zentrum des Credo deutlich auf entsprechend mehrteilige «Szenen»-Bildungen Zelenkas. Vollends ungewöhnlich in Bachs geistlichem Schaffen ist die doppelte Vertonung des Textes «Et expecto resurrectionem mortuorum» in Form eines zunächst harmonisch visionär ausgreifenden und später triumphierend voraneilenden Grave-Allegro-Satzpaares – Doppelvertonungen dieser Art bilden jedoch geradezu ein Markenzeichen Zelenkas, wie auch Bachs Agnus Dei mit der Parallelvertonung in Zelenkas Missa Dei patris von 1740 nicht nur die Stimmlage (Alt), sondern auch die Unisono-Streicherbegleitung und den geheimnisvollen abgedunkelten Tonfall teilt. Selbst der Umstand, dass Bach schon in der Missa von 1733 in puncto Länge und Komplexität weit über alles Zeitübliche hinausgriff, verbindet ihn mit Zelenka, dessen Beharren auf formaler Ausdehnung und Eigenwilligkeit zunehmend Kritik fand und ihn wie Bach gegenüber dem veränderten musikalischen Modegeschmack ins Hintertreffen geraten liess.
Es ist daher manch tradierter Hypothese zum Trotz eher unwahrscheinlich, dass die Vervollständigung der h-Moll-Messe mit einem konkreten Auftrag aus Dresden – etwa im Blick auf die 1751 nach langer Bauzeit eingeweihte katholische Hofkirche – zusammenhing. Dass es sich bei den mit je einem eigenen Umschlag versehenen vier Teilen der Bach’schen Partitur nicht – wie in der Deutung Friedrich Smends – um einzelne Kompositionen für verschiedene lutherische Gottesdienstformate, sondern um ein für den Versand zu auswärtigen Aufführungen zusammengestelltes Material handelt, wird mittlerweile jedoch kaum noch bestritten. Michael Maul verdanken wir den Hinweis auf eine mögliche Bestimmung für Wien, wo mit der jährlichen Zusammenkunft der aus herausragenden Musikern bestehenden «Musikalischen Congregation» durchaus ein institutioneller Rahmen für die Bestellung und Darbietung grossbesetzter und reichdimensionierter Messkompositionen bestand. Das auf Carl Philipp Emanuel Bachs Nachlassverzeichnis von 1790 zurückgehende Dictum von der «großen catholischen Messe» würde in diesem Fall ebenso eine unerwartete Bestätigung finden wie die heutige ökumenische Pflege eines Werkes, das keinem Entstehungs- und Aufführungskontext allein angehört und das mit seiner Auswahl von Kompositionen aus vier Jahrzehnten Schaffenszeit Bachs künstlerische Lebensleistung wie seine Auseinandersetzung mit der musikalischen Vergangenheit und Gegenwart in zeitlos inspirierender Weise zusammenfasst.