Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm

BWV 171 // Neujahr

für Sopran, Alt, Tenor und Bass, Vokalensemble, Trompete I-III, Pauken, Oboe I+II, Streicher und Basso continuo

Das Neujahrsfest ist gewissermassen der Namenstag des Jahres und steht in Bachs christlichem Universum ganz im Zeichen des Vaters und Sohnes. Darum zelebriert der klangprächtige und später zum «Patrem omnipotentem» der h-Moll-Messe gewordene Eingangschor mit Worten des 48. Psalms Gottes immerwährenden Ruhm, während die feinsinnig instrumentierten Arien und Rezitative in immer neuen Bildern den Namen Jesu ausdeuten. Eine Kantate voller zuversichtlicher Amen-Rufe, die im Zeichen erneuerten Friedens und Segens alles Unheil hinwegblasen möchte.

Video

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Lutzogramm zur Werkeinführung

Manuskript von Rudolf Lutz zur Werkeinführung
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Akteure

Solisten

Sopran
Hana Blažiková

Alt/Altus
Alexandra Rawohl

Tenor
Jakob Pilgram

Bass
Klaus Mertens

Chor

Sopran
Maria Deger, Stephanie Pfeffer, Susanne Seitter, Noëmi Sohn Nad, Alexa Vogel, Ulla Westvik

Alt
Antonia Frey, Stefan Kahle, Alexandra Rawohl, Lea Scherer, Lisa Weiss

Tenor
Rodrigo Carreto, Zacharie Fogal, Florian Glaus, Christian Rathgeber

Bass
Jean-Christophe Groffe, Johannes Hill, Israel Martins, Grégoire May, Philippe Rayot

Orchester

Leitung
Rudolf Lutz

Violine
Renate Steinmann, Monika Baer, Patricia Do, Elisabeth Kohler Gomez, Olivia Schenkel, Salome Zimmermann

Viola
Susanna Hefti, Claire Foltzer, Matthias Jäggi

Violoncello
Martin Zeller, Hristo Kouzmanov

Violone
Markus Bernhard

Oboe
Katharina Arfken, Philipp Wagner

Fagott
Susann Landert

Trompete
Patrick Henrichs, Peter Hasel, Klaus Pfeiffer

Pauken
Martin Homann

Cembalo
Thomas Leininger

Orgel
Nicola Cumer

Musikal. Leitung & Dirigent

Rudolf Lutz

Werkeinführung

Mitwirkende
Rudolf Lutz, Pfr. Niklaus Peter

Reflexion

Reflexion
Anna Koim und Stefan Riedener

Aufnahme & Bearbeitung

Aufnahmedatum
10.01.2025

Aufnahmeort
Trogen (AR) // Evang. Kirche

Tonmeister
Stefan Ritzenthaler

Regie
Meinrad Keel

Produktionsleitung
Johannes Widmer

Produktion
GALLUS MEDIA AG, Schweiz

Produzentin
J.S. Bach-Stiftung, St. Gallen, Schweiz

Zum Werk

Textdichter

Erste Aufführung
1. Januar 1729, Leipzig

Textgrundlage
Christian Friedrich Henrici, 1728
Satz 1: Psalm 48, 11
Satz 6: «Jesu, nun sei gepreiset»
(Johann Hermann, 1593), Strophe 2

Text des Werks und musikalisch-theologische Anmerkungen

Am Neujahrstag wird nach lutherischer Tradition die Beschneidung und Namensgebung Jesu gefeiert: «Und als acht Tage um waren und man das Kind beschneiden musste, gab man ihm den Namen Jesus, wie er genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war» (Lukas 2,21). So steht denn auch in Picanders bereits 1728 gedrucktem Kantaten-Libretto der «süsse Jesu-Name» im Zentrum mit dem festen Vorsatz: «Jesus soll mein erstes Wort / in dem neuen Jahre heißen». Doch die darauf beruhende Bachkantate «Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm» will nicht nur den Namen des Sohnes, sondern auch den des Vaters rühmen. Darum zelebriert der klangprächtige und Ende der 1740er Jahre zum «Patrem omnipotentem» der h-Moll-Messe umgestaltete Eingangschor mit Worten des 48. Psalms Gottes immerwährenden Ruhm, während die feinsinnig instrumentierten Arien und Rezitative in immer neuen Bildern den Namen Jesu ausdeuten. Eine Kantate voller zuversichtlicher Amen-Rufe, die im Zeichen erneuerten Friedens und Segens alles drohende Unheil musikalisch bannen möchte.

1. Chor

«Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm bis an der Welt Ende»

1. Chor

Das Proprium des Neujahrstages, die Beschneidung und Namensgebung Jesu, wird im Eingangschor mit dem Diktum aus Psalm 48,11 in eine weiter gefasste Perspektive gestellt: «Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm bis an der Welt Enden». Bach komponiert dafür eine wuchtige Chorfuge mit reicher Orchesterverstärkung, in der vor allem der Trompetenchor zunehmend eigenständig agiert.

2. Arie – Tenor

Herr, so weit die Wolken gehen,
gehet deines Namens Ruhm.
Alles, was die Lippen rührt,
alles, was noch Odem führt,
wird dich in der Macht erhöhen.

2. Arie – Tenor

Die Tenor-Arie vertieft diesen Einsatz schöpfungstheologisch mit Anspielungen auf die Psalmen 8 und 36: «Herr, so weit die Wolken gehen, gehet deines Namens Ruhm». Zwei unaufhörlich kreisende Violinen sowie die effektvoll aussingende Tenorpartie verleihen diesem Lobpreis einen strahlenden Gestus, der durch seine tänzerische Geradheit dennoch geerdet wirkt.

3. Rezitativ – Alt

Du süßer Jesus-Name du,
in dir ist meine Ruh,
du bist mein Trost auf Erden,
wie kann denn mir
im Kreuze bange werden?
Du bist mein festes Schloß und mein Panier,
da lauf ich hin,
wenn ich verfolget bin.
Du bist mein Leben und mein Licht,
mein Ehre, meine Zuversicht,
mein Beistand in Gefahr
und mein Geschenk zum neuen Jahr.

3. Rezitativ – Alt

Im Alt-Rezitativ bringt der Textdichter Picander den «süßen Jesus-Namen» ins Spiel und beschreibt ihn mit einer musikalisch sensibel nachgezeichneten Fülle von Worten als Trost, Schloss, Panier, als Leben, Licht, Ehre, Zuversicht, Ruh und Beistand – dieser spezifische Name ist für ihn das «Geschenk zum neuen Jahr».

4. Arie – Sopran

Jesus soll mein erstes Wort
in dem neuen Jahre heißen.
Fort und fort
lacht sein Nam in meinem Munde,
und in meiner letzten Stunde
ist Jesus auch mein letztes Wort.

4. Arie – Sopran

Die Worte der Sopranarie «Jesus soll mein erstes Wort in dem neuen Jahre heißen» werden als Vorsatz über das ganze Jahr hinaus bis zur Todesstunde verlängert: «Jesus ist auch mein letztes Wort». Schnittig liegt er in jeder Klangkurve, dieser musikantische «Sportwagen», der über dem schwingenden 12/8-Duktus des Continuo Sopran und Violine in eleganten Deklamationen und ausgreifenden Tongirlanden dahinschweben lässt. Dass es sich dabei um eine Parodie nach einer Arie aus der weltlichen «Äolus»-Kantate BWV 205 handelt, merkt man dem originalfrischen Stück nicht an.

5. Rezitativ – Bass

Und da du, Herr, gesagt:
Bittet nur in meinem Namen,
so ist alles Ja! und Amen!
So flehen wir,
du Heiland aller Welt, zu dir:
Verstoß uns ferner nicht,
behüt uns dieses Jahr
für Feuer, Pest und Kriegsgefahr!
Laß uns dein Wort, das helle Licht,
noch rein und lauter brennen;
gib unsrer Obrigkeit
und dem gesamten Lande
dein Heil des Segens zu erkennen;
gib allezeit
Glück und Heil zu allem Stande.
Wir bitten, Herr, in deinem Namen,
sprich: ja! darzu, sprich: Amen, amen!

5. Rezitativ – Bass

Christi Wort «Bittet nur in meinem Namen» wird im Bassrezitativ zu einem ausführlichen Bittgebet um Bewahrung des Lebens vor «Feuer, Pest und Kriegsgefahr», einem Segenswunsch für Land und Obrigkeit und schließlich zur Bitte um ein göttliches «Amen, amen!». Was manch zeitgenössischer Komponist einfach «durchunterlegt» hätte, wird bei Bach durch den zweifachen Wechsel in ein fließendes Arioso sowie ein oboenbegleitetes Accompagnato zum klangsinnlichen Ereignis, das auf die «Echoarie» und die Meisterrezitative des Weihnachtsoratoriums vorausweist.

6. Choral

Laß uns das Jahr vollbringen
zu Lob dem Namen dein,
daß wir demselben singen
in der Christen Gemein.
Wollst uns das Leben fristen
durch dein allmächtig Hand,
erhalt dein liebe Christen
und unser Vaterland!
Dein Segen zu uns wende,
gib Fried an allem Ende,
gib unverfälscht im Lande
dein seligmachend Wort,
die Teufel mach zuschanden
hier und an allem Ort!

6. Choral

Mit der zweiten Strophe des Chorals «Jesu, nun sei gepreiset» von Johann Hermann (1593) finden die Kantate BWV 171, ihr Lob des göttlichen Namens und ihre Bitte um Frieden und Segen eine knappe Zusammenfassung. Der mit keck synkopierten Bläserzwischenspielen ausgestattete Satz ist musikalisch identisch mit dem Schlusschoral der zum Neujahrstag 1725 komponierten Kantate BWV 41. Die davon abweichende Strophenwahl folgt einem Hinweis aus Picanders Textdruck.

Quellenangaben

Alle Kantatentexte stammen aus «Neue Bach-Ausgabe. Johann Sebastian Bach. Neue Ausgabe sämtlicher Werke», herausgegeben vom Johann-Sebastian-Bach-Institut Göttingen und vom Bach-Archiv Leipzig, Serie I (Kantaten), Bd. 1–41, Kassel und Leipzig, 1954–2000.
Alle einführenden Texte zu den Werken, die Texte «Vertiefte Auseinandersetzung mit dem Werk» sowie die «musikalisch-theologische Anmerkungen» wurden von Anselm Hartinger und Pfr. Niklaus Peter sowie Pfr. Karl Graf verfasst unter Bezug auf die Referenzwerke: Hans-Joachim Schulze, «Die Bach-Kantaten. Einführungen zu sämtlichen Kantaten Johann Sebastian Bachs», Leipzig, 2. Aufl. 2007; Alfred Dürr, «Johann Sebastian Bach. Die Kantaten», Kassel, 9. Aufl. 2009, und Martin Petzoldt, «Bach-Kommentar. Die geistlichen Kantaten», Stuttgart, Bd. 1, 2. Aufl. 2005 und Bd. 2, 1. Aufl. 2007.

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